Juli 2024 – Faltbrief aus Vorphilazeiten

Heute präsentiere ich als Beleg des Monats eine Kopie eines Briefes aus der Vorphilazeit, welche mir von einem befreundeten Sammler zur Verfügung gestellt wurde. Es handelt sich um einen Faltbrief vom 12. März 1832, der von Chur (Schweiz) nach Vaduz (Liechtenstein) an den dortigen Grundbuchführer Johann Vetter gesendet wurde. Die Auslieferung erfolgte an der Briefsammelstelle Balzers und wurde von dort per Bote nach Vaduz weitergeleitet. Das rote Rötelkreuz weist darauf hin, dass die Gebühr für den Transport dieses Briefes vom Absender bereits bezahlt wurde. In Balzers, wo der Brief an den Boten übergeben wurde, wurde er mit einem schwarzen Einzeiler BALZERS in Kursiv abgestempelt. Dieser seltene Stempel wurde zwischen 1827 und 1869 verwendet und ist auf Briefen mit Marken bisher nicht bekannt, ist daher ausschließlich auf Vorphilabriefen zu finden und später noch als Formularstempel.

Ein Blick in die Geschichte des Postamtes Balzers

Lindauer Bote

200 Jahre Lindauer (Fussacher) Bote: 4 Ländern war dies eine Briefmarke wert (Beachte jedoch: die Himmelsrichtungen auf der alten Karte (Österreich) sind verkehrt und das private Unternehmen hat nie Postkutschen verwendet, sondern immer nur die Post zu Wasser oder auf Rücken von Pferden und Maultieren transportiert. Erst die K.u.K. Österreichische Post hat dann Postkutschen eingesetzt.

Die erste Postverbindung im Gebiet Liechtensteins war der „privatunternehmerische“ Fussacher, Lindauer oder Mailänder Bote, der ab Anfang des 14. Jahrhunderts zwischen Lindau und Mailand verkehrte. Ab spätestens 1613 wurde dieser Botendienst im Wochenintervall durchgeführt. Der „Fussacher Bote“ war berechtigt, Reisende zu befördern sowie Briefe, Pakete und Geldsendungen unterwegs einzusammeln und gegen Gebühren zu transportieren. Briefe wurden in Gasthäusern an regionale Fussboten verteilt oder angenommen. Das Gasthaus „Rössle“ bzw. „Post“ in Balzers, geführt von der Familie Wolfinger, war um 1800 bereits seit zwei Generationen eine solche Verteilstelle.

Churer Tor

Zwischen Feldkirch und Chur bestand ein reger Austausch – nicht nur von Briefen – daher gab und gibt es in Feldkirch auch ein Churer Tor.

Ab 1770 übernahm der österreichische Staat in Vorarlberg und Tirol die Organisation des Postwesens, da er das Postregal als Zeichen der Souveränität nicht mehr privaten Unternehmen überlassen wollte. Österreich und Bayern unterhielten ab dem frühen 18. Jahrhundert bis 1817 einen Briefsammler in Chur, der sich zweimal pro Woche mit dem Feldkircher Briefsammler zur Übergabe von Briefen in Balzers traf.

200 Jahre postamt balzers

Die Errichtung der Briefsammelstelle in Balzers war für das Fürstentum Liechtenstein ein bedeutendes Ereignis, weshalb 200 Jahre später (2017)  mit einem Briefmarkenblock daran erinnert wurde.

Im Jahr 1817 errichtete die k.k. Postverwaltung in Balzers die erste staatliche Briefsammelstelle Liechtensteins, geführt vom „k.k. Briefsammler und Postbeförderer“ Josef Ferdinand Wolfinger. Damit wurde Liechtenstein – unter gleichzeitiger Bestätigung der Souveränität von Fürst Johann I. durch Österreich – Inlandsgebiet der k.k. Post. Gebrüder WeissDer „Fussacher Bote“ durfte daraufhin in Vorarlberg keine Post mehr einsammeln, was der staatlichen Post großen Zulauf brachte. Doch 1819 wurde dieses Verbot aufgehoben, was zu einem massiven Rückgang des Umsatzes der Balzner Briefsammelstelle führte und deren Schließung im selben Jahr verursachte. Schnellere und besser ausgebaute staatliche Postverbindungen in der Schweiz und Österreich setzten den „Fussacher Botendienst“ jedoch unter Druck, sodass dieser 1826 eingestellt werden musste. Das Familienunternehmen hat sich jedoch umorientiert und existiert bis heute als ein weltweit führendes Transport- und Logistikunternehmen, geführt von den Nachkommen der Eigentümer des Fussacher Botens, den Gebrüdern Weiss.

Maxikarte

Postkutsche ca. 1895 vor dem Hotel Post, dem damaligen Postamt in Balzers (Maxikarte 2017).

Die Einstellung des Botendienstes war für Balzers ein Glück. Seit 1824 war der Gasthof „Post“ in Balzers bereits wieder als offizielle Relaisstation in den neuen Postwagenkurs über die neu ausgebaute Splügenstraße eingebunden. Der Gasthof diente als Pferdewechselstation und verköstigte Reisende und Postillone der k.k. Eilpost zwischen Mailand und Bregenz. Es war daher logisch, dass am 1. Januar 1827 die k.k. Postverwaltung die Briefsammlung in Balzers erneut  eröffnete. Diese wurde so wichtig, dass sie 1839 den Status eines Postamtes erhielt und somit als erstes Postamt Liechtensteins gilt.